Freitag, 4. Juli 2014

Kuriose Gedanken beim Essen: Warum wir alle keine Vegetarier sind oder wie viele Insekten isst ein Mensch in seinem Leben?

Eine Marienkäferlarve in meinem Bärenklau. Fast hätte ich sie übersehen,
aber sie überstand den Abwasch und kletterte da so mobil herum - ganz nach dem Motto:
Wenn dies ein vegetarisches Gericht werden soll, muss ich hier raus.
Beim Sammeln von Wildkräuter kommt es häufiger vor, dass man Spinnen, Käfer, Larven, Raupen oder sonstige Tiere mit nach Hause bringt. Nach dem Waschen ist das meiste auch weg - natürlich rette ich jedes Tierchen und setzte es nach draußen. Ergo gehe ich  beim Essen davon aus, dass das Thema "tierische Beikost" sich auf das beschränkt, was ich im vollen Bewußtsein meiner kognitiven Fähigkeiten auf den Teller lege. Das Schnitzel, die Fleischbällchen, die Hühnerbrust - das sind die definierten Mengen die ich bewusst verspeise, wo ich eine Wahl habe, ob ich das esse oder nicht, ob ich viel davon essen oder wenig, ob ich Bio-Fleisch kaufe oder die Massentierhaltung unterstütze. Was ich aber nicht sagen kann: Wenn ich kein Fleisch essen, dann bin ich Vegetarier.
Beim Thema Vegetarismus bin ich zwiegespalten. Weniger ist mehr. Und dennoch ist Fleisch von je her eine wichtige Eiweißquelle für uns. Sogar Schimpansen gehen mitunter auf die Jagd und fressen sogar kleine Affen, die sie am lebendigen Leib auseinander reißen, weil ihr Köper nach Eiweiß giert. Also von einer Affenhorde gejagd und getötet zu werden, ist nicht schön anzuschauen. Aber es zeigt: Auch unsere Artverwanden benötigen hin und wieder Fleisch. Etwas weniger als wir - vielleicht weil sie deutlich mehr Insekten essen, die ebenfalls eine hochwertige Eiweißquelle sind. Insekten sind für uns Menschen die Eiweißquelle der Zukunft. Erkannt haben das schon einige, das Essen von Insekten in Insekten-Restaurants gilt aber immer noch eher als Abenteuer, denn als Normalkost.
Das Verrückte: Gerade jene Konsumenten, die viel Obst und Gemüse essen, weil sie auf Fleisch verzichten, essen auch mehr ... Insekten. So gucke ich nicht in Kirschen, wenn ich sie essen, einfach aus dem Grund, da ich meinen Kirschbaum nicht spritze und weiß, dass da ganz sicher Maden der Kirschfliege drin sind. Die schmecken nach Kirsche, wonach auch sonst. Man muss die Kirsche nur gut kauen, damit die Made ein schnelles Ende findet und nicht erst im ätzenden Magensaft ihren Todeskampf führt. Eklig? Ansichtssache. Die Made durfte bis zu ihrem Tod im biologischen Paradies wohnen. Ihren Tod hat sie nicht kommen sehen. Sie ist glücklich schmatzend relativ rasch gestorben und musste dafür noch nicht einmal ihr Paradies verlassen. Welches ehemalige Schwein oder Rind auf dem Teller kann das schon von sich behaupten? Bei der Marienkäferlarve musste ich dann aber schon die Stirn runzeln. Wonach schmeckt die wohl? Die frisst Blattläuse. Blattläuse haben ich auch sicherlich schon in Unmengen unbewußt konsumiert, aber so einen richtigen "Blattlausgeschmack" hab ich dabei nie feststellen können. Auf der anderen Seite schmecken Marienkäfer widerlich....fragt jetzt bitte nicht, woher ich das weiß...
Wir essen dennoch Käfer! Die befinden sich im Müsli. Kein Witz. Betrachtet Bio-Müsli mal im Binokular. Da sind Unmengen an verbröselten Käferbeinen und Panzerresten zu finden. Wer Müsli isst, kann sich definitiv nicht Vegetarier nennen. Ich muss immer schmunzeln, wenn auf dem Müsli steht, es würde sich um ein "veganes" Produkt handelt.
Statistisch gesehen isst jeder "normale" Bundesbürger 500 Insekten in seinem Leben - die Angaben  schwanken stark, wenn man im Internet danach googelt....mal im Schlaf, mal beim Radfahren, mal nur Spinnen, dann nur Ameisen.  Ich frag mich wie man eine solche Zahl ermitteln kann. Ich schätze mal hinter die 500 kann man getrost eine weitere Null hängen - oder zwei. Wie viele Kirschen habe ich schon gegessen in denen Maden waren? Wie viele Kilo Müsli mit knusprigen Käferbeinen verdrückt? Wie viele Blattläuse sind der Salatwaschung nicht entkommen und wurden in meinen Magensäften aufgelöst? Und wie viele Marienkäferlarven haben sich in meinem Bärenklau noch versteckt? Und da zähle ich die 8 statistisch im Schlaf  verschluckten Spinnen im Leben noch gar nicht mit. Oder die Insekten, die man beim Radfahren so einatmet. Ich rechne mal mit 10.000 Insekten die man so im Leben isst - aber das ist nur eine reine Bauchgefühl-Nummer. Und das sind gute Bio-Produkt-Insekten oder Wildtiere, nicht diese antibiotikaverseuchten Tiere aus der Massentierhaltung. Irgendwie beruhigend, oder?  Wir sollten mehr Insekten essen.
Nein, Vegetarier kann ich mich wahrlich nicht nennen. Wie die Urzeitmenschen gehen ich sammeln und unbewusst jage ich dabei das eine oder andere Insekt, das meinen Speiseplan auf wundersame Weise bereichert. Aber die Marienkäferlave auf dem Bild sitzt nun auf meiner Kapuzinerkresse und verdrückt glücklich die Blattläuse....bis zum nächsten Salat, wenn ich mal wieder Kapuzinerkresse brauche. :-)

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